Mandanteninformationen

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Monatliche Informationen zu aktuellen Themen aus Steuer- und Wirtschaftsrecht

04.10.2023

Handwerkerleistungen: Abzug von Kosten bei unentgeltlicher Wohnungsnutzung

Aufwendungen für Handwerkerleistungen im Zusammenhang mit dem eigenen Haushalt können mit 20 Prozent, höchstens 1.200 Euro im Jahr, unmittelbar von der Steuerschuld abgezogen werden (§ 35a Abs. 3 EStG). Kürzlich hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen auch dann beansprucht werden kann, wenn ein Steuerzahler eine Wohnung unentgeltlich nutzt, etwa im Haus der Eltern, er die Handwerkerarbeiten in Auftrag gibt und auch bezahlt (BFH-Urteil vom 20.4.2023, VI R 23/21).

Der Sachverhalt: Der Kläger nutzte eine Dachgeschosswohnung im Haus seiner Mutter als Nebenwohnsitz. In seiner Einkommensteuererklärung machte er die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG für Leistungen eines Dachdeckers geltend, die das Haus seiner Mutter betrafen. Er legte hierzu eine Rechnung der Dachdeckerfirma vor, die auf seinen Namen lautete und in der die Lohnkosten ausgewiesen waren. Der Kläger hatte den Rechnungsbetrag nachweislich auf das Konto der Dachdeckerfirma gezahlt. Finanzamt und Finanzgericht versagten die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen unter anderem mit der Begründung, dass aufgrund der unentgeltlichen Nutzung - ohne förmlichen Mietvertrag - keine Verpflichtung für die Kostenübernahme zur Sanierung des Daches bestanden habe. Doch der BFH hat das Urteil aufgehoben und der Revision entsprochen.

Ein "Haushalt" i.S. von § 35a EStG erfordere nicht, dass der Steuerpflichtige die Räumlichkeiten, in denen sich hauswirtschaftliches Leben entfaltet, als wirtschaftlicher (Mit-)Eigentümer oder als Mieter nutzt. Das Gesetz verlange neben der tatsächlichen Führung eines Haushalts kein besonderes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige könne folglich auch in unentgeltlich überlassenen Räumlichkeiten einen Haushalt führen. Eine über den Gesetzeswort-laut hinausgehende Einschränkung der Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen auf bestimmte Nutzungsrechte oder Nutzungsverhältnisse die Wohnung betreffend, in der der Steuerpflichtige den Haushalt führt, sei damit indessen nicht verbunden. Es sei auch ohne Bedeutung, wenn der Sohn gegenüber seiner Mutter nicht verpflichtet war, das Dach ihres Hauses sanieren zu lassen und die von ihm allein finanzierte Dachsanierung dem ganzen Haus zugutekam.

Praxistipp:
Auch das Bundesfinanzministerium erkennt an, dass ein Wohnungsnutzer trotz unentgeltlicher Überlassung die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG beanspruchen kann, wenn er die entsprechenden Aufwendungen getragen hat (BMF-Schreiben vom 9.11.2016, BStBl I 2016, 1213, Rz. 27). Im Urteilsfall lag aber die Besonderheit darin, dass die Dachreparatur dem gesamten Gebäude und damit der Hauseigentümerin zugutekam. Doch das allein ist kein Grund für die Versagung des Steuerabzugs. Wichtig ist aber, dass der Nutzende selbst Auftraggeber ist und den Rechnungsbetrag tatsächlich vom eigenen Konto überweist. Zudem dürfen die Aufwendungen keine Werbungskosten darstellen, etwa im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung. Steuerlich abziehbar sind nur reine Arbeitskosten sowie eventuell in Rechnung gestellte Maschinen- und Fahrtkosten zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer.

02.10.2023

Firmenwagen: Bei Handwerkerwagen scheidet Privatnutzung nicht immer aus

Für einen Firmenwagen, der auch privat genutzt werden kann, ist ein Privatanteil entweder nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu versteuern. Grundsätzlich spricht bereits der Beweis des ersten Anscheins für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs und nur ganz ausnahmsweise wird auf die Besteuerung eines - fiktiven - Privatanteils verzichtet. Für ein Fahrzeug, das aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt ist, muss zwar grundsätzlich kein Privatanteil versteuert werden. So werde ein typischer Werkstattwagen mit lediglich zwei Sitzen allenfalls gelegentlich und ausnahmsweise auch für private Zwecke eingesetzt (BFH-Urteil vom 18.12.2008, VI R 34/07). Doch das bedeutet nicht, dass die Versteuerung eines Privatanteils bei jedem Werkstatt- oder Handwerkerwagen ausscheidet.

Ist ein Fahrzeug durchaus geeignet, privat genutzt zu werden und ist zudem im Privatvermögen kein weiteres Kfz vorhanden, so ist eine Privatnutzung zu unterstellen. Wenn kein Fahrtenbuch geführt wird, ist der Privatanteil nach der Ein-Prozent-Regelung zu versteuern (BFH-Beschluss vom 31.05.2023, X B 111/22). Im zugrundeliegenden Fall nutzte der Kläger, der einen Hausmeisterservice betrieb, einen Mercedes Vito. Im Privatvermögen war lediglich ein Moped vorhanden, aber kein Pkw. Der Vito war zudem kein typischer Werkstattwagen, da er wohl nicht mit betrieblichen Einrichtungen (z.B. fest eingebaute Fächer für Werkzeuge) ausgestattet war. Im Übrigen wurde festgestellt, dass die Ladefläche des Vito nicht dauerhaft mit Werkzeugen belegt war. Das Finanzamt ermittelte einen Privatanteil nach der Ein-Prozent-Regelung. Das Finanzamt und auch der BFH sehen dies als rechtens an.

30.09.2023

Kinderbetreuungskosten: Haushaltszugehörigkeit des Kindes ist erforderlich

Kinderbetreuungskosten, darunter fallen auch Kindergartenbeiträge, sind unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben absetzbar, und zwar mit zwei Drittel der Aufwendungen, höchstens 4.000 Euro je Kind (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Begünstigt sind Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Sonderregelungen gelten für Kinder mit einer Behinderung. Voraussetzung für den Abzug ist unter anderem, dass das Kind zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört. Der Bundesfinanzhof hat nun bestätigt, dass es maßgebend auf die Haushaltszugehörigkeit ankommt. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG verstoße jedenfalls dann nicht gegen das Grundgesetz, wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG) abgedeckt werden (BFH-Urteil vom 11.5.2023, III R 9/22).

Der Kläger ist Vater einer Tochter und lebt seit 2018 von der Kindesmutter dauernd getrennt. Die gemeinsame Tochter hat ihren ausschließlichen Wohnsitz bei der Mutter und gehörte im Veranlagungsjahr 2020 nicht zum Haushalt des Klägers. Die Tochter besuchte im Veranlagungsjahr einen Kindergarten sowie nach ihrer Einschulung den Hort einer Grundschule. Für den Besuch des Kindergartens zahlte die Kindesmutter jährlich 250 Euro und für den Besuch des Schulhorts jährlich 348 Euro. Der Kläger erstattete der Kindesmutter jeweils monatlich den hälftigen Betrag. Er beantragte für 2020 die Berücksichtigung der von ihm tatsächlich geleisteten Aufwendungen in Höhe von 299 Euro als Sonderausgaben. Das Finanzamt lehnte dies ab, da das Kind während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des Klägers gehörte. Die hiergegen gerichtete Klage und auch die Revision blieben erfolglos.

Der Gesetzgeber habe das Recht, zur Verwaltungsvereinfachung typisierend auf die Haushaltszugehörigkeit abzustellen. Hierin sei kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 GG zu sehen. Dem Umstand, dass trotz fehlender Haushaltsaufnahme auch beim anderen Elternteil Betreuungsaufwand in Gestalt der Eigenbetreuung oder der Übernahme von Betreuungskosten entstehen kann, habe der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich grundsätzlich hinreichender Weise dadurch Rechnung getragen, dass der BEA-Freibetrag auch diesem Elternteil zu gewähren ist. Im Streitfall sei auch eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG in Gestalt einer Beeinträchtigung des familiären Existenzminimums durch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht ersichtlich. Denn der dem Kläger gewährte BEA-Freibetrag lag mit (damals) 1.320 Euro wesentlich höher als der von ihm für die Kindergarten- und Hortbeiträge entrichtete Betrag von 299 Euro.

28.09.2023

Künstlersozialversicherung: Abgabe bleibt im Jahr 2024 bei 5,0 Prozent

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die Ressort- und Verbändebeteiligung zur Künstlersozialabgabe-Verordnung 2024 (KSA-VO 2024) eingeleitet. Nach der neuen Verordnung wird der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung im Jahr 2024 bei 5,0 Prozent bleiben. Mit dem dramatischen wirtschaftlichen Einbruch infolge der Corona-Pandemie waren auch die künstlersozialabgabepflichtigen Entgelte im Jahr 2020 um fast 20 Prozent zurückgegangen. Insbesondere für 2022 ist aber eine deutliche Erholung der so genannten Honorarsumme und - damit verbunden - der Einnahmen aus der Künstlersozialabgabe zu beobachten. Der Erholungsprozess fand dabei mit deutlich größerer Dynamik statt, als es zunächst zu erwarten war. Die bei der Künstlersozialkasse gemeldete Honorarsumme hat im Jahr 2022 wieder den Stand wie vor der Pandemie erreicht. Dies und der Einsatz zusätzlicher Bundesmittel in Höhe von insgesamt über 175 Mio. Euro in den Jahren 2021 bis 2023 tragen zur finanziellen Stabilisierung der Künstlersozialkasse bei und machen es möglich, dass der aktuelle Abgabesatz in der Künstlersozialversicherung in Höhe von 5,0 Prozent beibehalten werden kann - so das BMAS in einer Pressemitteilung vom 14.7.2023.

26.09.2023

Haushaltnahe Dienstleistungen: Steuerermäßigung auch für Mieter

Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen können - bis zu bestimmten Höchstbeträgen - mit 20 Prozent der Kosten unmittelbar von der Steuerschuld abgezogen werden. Geregelt ist dies in § 35a des Einkommensteuergesetzes. Voraussetzung für den Abzug ist unter anderem, dass die Rechnungsbeträge unbar beglichen, also auf das Konto des jeweiligen Dienstleisters oder Handwerkers überwiesen werden. Nicht nur Haus- und Wohnungseigentümer können von der Steuerermäßigung profitieren, sondern auch Mieter. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 20.4.2023 (VI R 24/20) bestätigt und dabei auch zu der Frage Stellung genommen, welche Nachweise Mieter für das Finanzamt benötigen, wenn nicht sie selbst, sondern der Vermieter oder Verwalter die Aufträge an die Dienstleister vergeben hat.

Der Sachverhalt: Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Aus den zunächst vorgelegten Abrechnungen ergaben sich aber nicht unbedingt alle geforderten Angaben, zum Beispiel zu der Frage, ob und inwieweit die Beträge tatsächlich per Banküberweisung beglichen worden sind. Und eine explizite Aufteilung in Arbeitslohn und Materialkosten war zumindest unvollständig. Finanzamt und Finanzgericht lehnten mithin einen Abzug der Kosten ab. Doch der BFH entschied anders und gab den Steuerpflichtigen Recht.

Zunächst weist der BFH darauf hin, dass es der Steuerermäßigung nicht entgegenstehe, wenn Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, zum Beispiel dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, nicht selbst abschließen. Für die Gewährung der Steuerermäßigung sei ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute gekommen sind. Soweit das Gesetz verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die einem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht. Aus beiden müssen sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben. Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibe es dem Finanzamt unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.

Praxistipp:
Der BFH weist in einer Pressemitteilung vom 13.7.2023 darauf hin, dass die Rechtsprechung für Aufwendungen der Wohnungseigentümer entsprechend gilt, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft - regelmäßig vertreten durch deren Verwalter - erfolgt ist. Die Finanzverwaltung hat das Muster zum Nachweis von Aufwendungen nach § 35a EStG für Mieter und Wohnungseigentümer in der Anlage 2 des BMF-Schreibens vom 9.11.2016 (BStBl 2016 I S. 1213) veröffentlicht. Das Muster ist beispielsweise unter folgendem Link abrufbar:
www.steuerrat24.de/images/bestand-pdf/Haushalt-Anlage-2-BMF-Schreiben-2016-11-09.pdf

24.09.2023

Umzugskosten: Abzugskriterium "Erleichterung der Arbeitsbedingungen"

Umzugskosten sind steuerlich abzugsfähig, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Das ist zumeist (nur) dann der Fall, wenn ein Arbeitnehmer erheblich näher an seine Arbeitsstätte zieht und sich dadurch die Fahrzeit enorm verkürzt. Allerdings können die Kosten auch abziehbar sein, wenn der Umzug zu einer wesentlichen Erleichterung oder Verbesserung der Arbeitsbedingungen führt. Zum letzten Kriterium hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, dass eine wesentliche Erleichterung für das Jahr 2020 anzunehmen sein könne, wenn ein Umzug erfolgt ist, um für jeden Ehegatten in der neuen Wohnung ein Arbeitszimmer einzurichten, damit beide Ehegatten im Homeoffice wieder ungestört ihrer jeweiligen Tätigkeit nachgehen können (FG Hamburg, Urteil vom 23.02.2023, 5 K 190/22).

Die Kläger übten ihre nichtselbstständige Tätigkeit vor der Corona-Pandemie jeweils im Betrieb ihrer Arbeitgeber aus. Seit Beginn der Corona-Pandemie verlagerten sie ihre Tätigkeit ins Homeoffice. Dies ging aber mit erheblichen Beeinträchtigungen einher. Zur Beseitigung der Situation suchten sie eine neue Wohnung mit genau zwei zusätzlichen Arbeitszimmern. Die Einrichtung von zwei Arbeitszimmern war angesichts der verschiedenen Arbeitsweisen der Eheleute erforderlich für die (ungestörte) Ausübung der jeweiligen Tätigkeit. Das Finanzgericht hat die Umzugskosten als Werbungskosten anerkannt. Nach Auffassung der Richter hat der Umzug zu einer wesentlichen Verbesserung und Erleichterung der Arbeitsbedingungen geführt. Der Umzug habe erst eine ungestörte Ausübung der nichtselbstständigen Tätigkeit beider Eheleute ermöglicht.

Praxistipp:
Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Das Az. lautet VI R 3/23.

22.09.2023

Rentenversicherung: Auf das Krankengeld entfallende Beiträge nicht abziehbar

Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als Sonderausgaben abziehbar. Sie dürfen allerdings grundsätzlich nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Daher werden Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, soweit sie auf das Krankengeld entfallen, steuerlich nicht berücksichtigt. Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde kürzlich vom Finanzgericht Köln bestätigt (FG Köln, Urteil vom 25.5.2023, 11 K 1306/20).

Die Klägerin bezog im Streitjahr 2018 zunächst Arbeitslohn und später Krankengeld. Auch vom Krankengeld wurden Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einbehalten und abgeführt. Das Krankengeld war zwar steuerfrei, doch im Rahmen des so genannten Progressionsvorbehalts führte es zu einer Erhöhung des Steuersatzes und damit zu einer Erhöhung der Einkommensteuer. Dennoch konnten die Rentenversicherungsbeiträge, die auf das Krankengeld entfielen, nicht als Sonderausgaben abgezogen werden. Die Klägerin war hingegen der Ansicht, dass die Beiträge zur Rentenversicherung abziehbar sein müssten. Letztlich stünden sie im Zusammenhang mit den späteren - steuerpflichtigen - Renteneinnahmen und nicht nur mit dem steuerfreien Krankengeld. Zumindest müssten sie im Rahmen des Progressionsvorbehalts mindernd berücksichtigt werden. Doch die Klage blieb ohne Erfolg. Die Begründung: Die von der Klägerin getragenen Pflichtbeiträge stünden ausschließlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem steuerfreien Krankengeld. Die Beitragszahlung löse dagegen nicht unmittelbar einen steuerpflichtigen Rentenbezug aus. Hierfür müssten weitere Voraussetzungen (z.B. Erreichen der Altersgrenze, Vorliegen der Schwerbehinderung, hinreichende Beitragsjahre) hinzutreten. Eine Berücksichtigung der Rentenbeiträge im Rahmen des Progressionsvorbehalts komme ebenfalls nicht in Betracht, da ein solcher Abzug gesetzlich nicht vorgesehen sei.

Praxistipp:
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Zwar wurde die Revision nicht ausdrücklich zugelassen, doch da das Verfahren vom Bund der Steuerzahler unterstützt wurde, ist es durchaus denkbar, dass sich auch der Bundesfinanzhof mit dem Thema befassen muss.

20.09.2023

GmbH: Stark reduziertes Geschäftsführergehalt neben voller Pension möglich

Manch Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH möchte auch bei Eintritt des Pensionsalters noch weiter als Geschäftsführer "seiner" Kapitalgesellschaft tätig sein. In steuerlicher Hinsicht ist dann aber zu beachten, dass sich die gleichzeitige Zahlung von Aktivbezügen und die Zahlung der Pension aus einer Pensionszusage der GmbH grundsätzlich ausschließen. Das heißt: In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension - sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden - Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird (BMF-Schreiben vom 18.9.2017, BStBl 2017 I S. 1293; BFH-Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12).

Immerhin lässt nun ein Urteil des Bundesfinanzhofs ausnahmsweise etwas Spielraum. Danach darf im Einzelfall die volle Pension neben einem geringen Geschäftsführergehalt gezahlt werden (BFH-Urteil vom 15.3.2023, I R 41/19). Der Sachverhalt: Der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer ging mit Erreichen des 68. Lebensjahres in den Ruhestand und bezog eine Pension aus einer Zusage seiner GmbH. Doch bereits wenige Monate später wurde er erneut zum Geschäftsführer bestellt. Die abermalige Bestellung war aus wirtschaftlichen Gründen der Gesellschaft notwendig geworden. Die GmbH schloss mit ihm einen neuen Anstellungsvertrag. Als Vergütung erhielt der Geschäftsführer einen geringen Betrag; die Pension wurde aber nicht gekürzt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die geleisteten Pensionszahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Der BFH hat das Urteil aus verfahrensrechtlichen Gründen zwar aufgehoben, der GmbH in der Sache aber Recht gegeben. Grundsätzlich würde eine GmbH ihrem Geschäftsführer zwar nicht zeitgleich eine Pension und ein laufendes Gehalt zahlen. Sie würde aber auch nicht erwarten, dass ein "pensionierter“ Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet. Vielmehr würde sie grundsätzlich bereit sein, neben der Versorgung aufgrund der fortgeführten oder wieder aufgenommenen Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen zu zahlen. Im Streitfall betrug die Summe von Versorgung und neuem Gehalt lediglich 26 Prozent der letzten Aktivbezüge des Geschäftsführers. Damit war die Differenz zwischen Versorgung und letzten Aktivbezügen bei Weitem nicht ausgeschöpft.

Praxistipp:
Das Urteil ist erfreulich und bietet nun etwas mehr Gestaltungsspielraum bei der Weiterbeschäftigung von Gesellschafter-Geschäftsführern im Pensionsalter. Sofern rechtlich und wirtschaftlich sinnvoll, sollte aber auch darüber nachgedacht werden, ob statt der Weiter- oder einer erneuten Beschäftigung eine reine Beratungstätigkeit für die Gesellschaft in Betracht kommt. Zumindest ließen sich dadurch die steuerlichen Probleme hinsichtlich der Pensionszahlung vermeiden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 23.10.2013, I R 60/12, BStBl 2015 II S. 413).

18.09.2023

Prozesskosten: Kosten für Abwehr einer Grundbuchberichtigung nicht abziehbar

Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einem vermieteten Grundstück stehen, sind prinzipiell als Werbungskosten absetzbar. Ein Werbungskostenabzug ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Aufwendungen nicht durch das Erzielen von Einkünften, sondern durch die private Vermögenssphäre veranlasst sind. Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Kosten zur Abwehr eines Grundbuchberichtigungsanspruchs nicht als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften absetzbar sind. In diesem Fall stehe der Rechtsstreit nicht in Zusammenhang mit der Einkünfteerzielung, sondern mit der Eigentümerstellung und damit mit der privaten, nicht steuerbaren Vermögenssphäre (FG Münster, Urteil vom 26.3.2021, 4 K 424/19 E).

Der Sachverhalt: Aufgrund eines Vermächtnisses wurde die Tochter als Eigentümerin eines Grundstücks mit zwei Häusern eingetragen, obwohl der Mutter ein Objekt gehörte. Nachdem der Tochter und ihrer Mutter dieser Fehler bewusst geworden war, erhob die Mutter gegen ihre Tochter Klage mit dem Ziel, im Grundbuch als Eigentümerin des Grundstücksteils, auf dem sich "ihr" Objekt befindet, eingetragen zu werden. Es folgte ein langwieriger und teurer Rechtsstreit. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung machte die Tochter die Prozesskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, die sie wegen der Rechtsstreitigkeiten aufgewendet hatte. Doch Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab. Die Prozesskosten seien nicht als Werbungskosten abziehbar, da es keinen Veranlassungszusammenhang zwischen dem Prozess und der Einkünfteerzielung gäbe. Im Streitfall stünde nicht die Absicht der Einkünfteerzielung, sondern die nichtsteuerbare Vermögenssphäre im Vordergrund. Gegenstand des Streits sei nämlich nicht gewesen, wem die Einnahmen aus dem betroffenen Objekt zustehen, sondern vielmehr, wem das Grundstück gehört.

16.09.2023

Außergewöhnliche Belastungen: Aufwendungen für Liposuktion sind abziehbar

Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (Liposuktion) zur Behandlung eines Lipödems sind als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abziehbar. Spätestens seit dem Jahr 2016 kann der Kostenabzug selbst dann erfolgen, wenn vor der Operation kein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eingeholt wurden (BFH-Urteil vom 23.3.2023, VI R 39/20). Die Klägerin litt seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung). Da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten, unterzog sie sich im Jahr 2017 auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion. Die Krankenkasse übernahm die Kosten der Operation nicht, da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) - trotz jahrelanger Prüfung - immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte. Die Klägerin machte den Aufwand als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies ab, da es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handele und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen. Das Finanzgericht und auch der Bundesfinanzhof lassen einen Abzug hingegen zu.

Inzwischen (jedenfalls ab 2016) bestehe über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter den Medizinern kein nennenswerter Streit mehr. Zudem benenne das Gesetz beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden. Damit sei die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems nicht vergleichbar. Die fehlende Einbeziehung der Liposuktion in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den GBA sei unerheblich. Da die bei der Klägerin durchgeführte Liposuktion nicht kosmetischen Zwecken gedient habe, sondern medizinisch indiziert gewesen sei, habe es für die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen, ebenso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen, nicht der Vorlage eines vor der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bedurft (Quelle: Mitteilung des BFH vom 29.6.2023).

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