Mandanteninformationen

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Monatliche Informationen zu aktuellen Themen aus Steuer- und Wirtschaftsrecht

25.06.2025

Immobilienverkauf: "Spekulationsgewinn" auch bei Zwangsversteigerung

Der Gewinn aus der Veräußerung einer Immobilie unterliegt der Einkommensteuer, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Früher sprach man insoweit von einem Spekulationsgewinn. Eine Ausnahme gilt für das selbst genutzte Einfamilienheim; hier bleibt ein Verkauf unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass auch die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ein privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 EStG ist und ein eventueller Gewinn mithin zu versteuern ist (BFH-Urteil vom 12.11.2024, IX R 6/24).

Über das Vermögen des Eigentümers einer vermieteten Eigentumswohnung wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Aufgrund von Steuerrückständen beantragte das Finanzamt die Zwangsversteigerung der Immobilie. Zwischen Erwerb und Versteigerung der Wohnung lagen lediglich acht Jahre. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der "Veräußerungsgewinn" trotz Versteigerung der Einkommensteuer unterliegt (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG). Der BFH hat dies bestätigt. Die Begründung lautet: Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken sind steuerpflichtig, soweit der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Anschaffung bzw. Veräußerung im Sinne des § 23 EStG sind der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts auf eine andere Person zu verstehen. Darunter fallen nicht nur Kaufverträge, sondern auch wirtschaftlich gleichzustellende Vorgänge, da nach Sinn und Zweck des § 23 EStG realisierte Wertveränderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer unterworfen werden sollen. Der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung müssen zwar wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen und mithin Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein. Daran fehlt es, wenn - wie im Fall einer Enteignung oder Umlegung - die Begründung oder der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen stattfindet. Von der Enteignung oder Umlegung sind jedoch die Fälle einer Veräußerung unter Zwang zu unterscheiden, weil es für die Annahme eines privaten Veräußerungsgeschäfts nicht darauf ankommt, aus welchem Beweggrund die Veräußerung erfolgt.

Die Abgabe des Meistgebots entspricht in ihrer Wirkung wirtschaftlich dem Abschluss eines schuldrechtlichen Kaufvertrags über ein Grundstück. Die Übertragung eines Grundstücks in der Folge einer Zwangsversteigerung lässt eine willentliche wirtschaftliche Betätigung des Steuerpflichtigen nicht entfallen und ist nicht mit dem Eigentumsverlust in der Folge einer Enteignung vergleichbar. Dafür spricht, dass der Grundstückseigentümer und Vollstreckungsschuldner - anders als im Fall der Enteignung - den Eigentumsverlust durch Befriedigung des die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigers abwenden kann. Ob er dazu wirtschaftlich in der Lage ist, spielt keine Rolle. Für die Berechnung der Veräußerungsfrist und für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns oder -verlusts ist auf das obligatorische Anschaffungsgeschäft und auf die Abgabe des Meistgebots abzustellen. Maßgebend ist nicht der dingliche Vollzug.

Praxistipp:
In dem Urteilsfall ging es auch um die Frage, ob die aus der Zwangsversteigerung eines Grundstücks resultierende Steuer eine Masse- oder eine Insolvenzverbindlichkeit ist. Der BFH hat sich - anders als die Vorinstanz - für die Einordnung als Masseverbindlichkeit entschieden. Damit wird der Fiskus insoweit vorrangig befriedigt.

23.06.2025

Verspätete Zahlung: Höhe der Säumniszuschläge ist verfassungsgemäß

Wer eine fällige Steuerzahlung verspätet leistet, muss für jeden angefangenen Monat der Säumnis einen Säumniszuschlag von 1 Prozent des Steuerbetrags entrichten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht zu der so genannten Steuerverzinsung auf Nachzahlungen und Erstattungen entschieden hatte, dass ein monatlicher Zinssatz von 0,5 Prozent verfassungswidrig ist und der diesbezügliche Zinssatz mittlerweile auf 0,15 Prozent pro Monat gesenkt wurde, war fraglich, ob nicht auch die Höhe der Säumniszuschläge verfassungswidrig ist. Daraufhin gab es beim Bundesfinanzhof ein ziemliches "Hin und Her" bezüglich der Säumniszuschläge: Verschiedentlich hatten einige Senate des BFH Zweifel hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge geäußert (z.B. BFH-Beschluss vom 23.5.2022, V B 4/22 (AdV)). Doch mittlerweile hat der BFH - mehrfach - entschieden, dass gegen die Höhe der Säumniszuschläge keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (BFH-Urteil vom 15.11.2022, VII R 55/20; BFH-Beschluss vom 16.7.2024, XI B 37/23; BFH-Beschluss vom 21.3.2025, X B 21/25).

Praxistipp:
Bei unbilligen Härten kann ein Antrag auf einen teilweisen oder vollständigen Erlass von Säumniszuschlägen gestellt werden. Ein Erlass kommt zum Beispiel in Betracht bei einem bisher pünktlichen Steuerzahler, dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist. Allerdings ist ein Erlassantrag hinreichend zu begründen und daher stets mit einem gewissen Aufwand verbunden.

22.06.2025

Sprachunterricht des Kindes auf Malta: Kein Abzug als Schulgeld

Besucht ein Kind, für das die Eltern Anspruch auf Kindergeld oder einen Kinderfreibetrag haben, eine kostenpflichtige Privatschule, können 30 Prozent des Schulgeldes, höchstens 5.000 Euro, als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG). Auch Schulgeldzahlungen an Schulen im EU- und EWR-Ausland sind steuerlich begünstigt. Grundsätzlich kann auch der Besuch einer Sprachschule begünstigt sein, doch dazu muss der Besuch zu einem Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss führen. Das Finanzgericht Hamburg hat entschieden, dass die Kosten für einen Feriensprachunterricht auf Malta nicht als Schulgeld abziehbar sind (FG Hamburg, Urteil vom 13.11.2024, 3 K 111/21).

Der Sohn der Kläger besuchte jeweils in den Ferien der Jahre 2017 bis 2029 eine Sprachschule auf Malta. Dafür fielen bei den Klägern unter anderem Kosten für den Unterricht ("Intensivkurs C General English") sowie für Flüge an, die sie mit 30 Prozent als Sonderausgaben abziehen wollten. Dies wurde aber vom Finanzamt und auch vom Finanzgericht versagt. Begründung: Einrichtungen, die auf einen Schul-, Jahrgangs- oder Berufsabschluss ordnungsgemäß vorbereiten, sind nur solche, die nach einem staatlich vorgegebenen, genehmigten oder beaufsichtigten Lehrplan ausbilden. Die Bezeichnung des Sprachkurses ("Intensivkurs C General English") deutet jedenfalls nicht auf eine Ausbildung nach einem staatlichen Lehrplan hin. Es entspricht auch nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass sich Feriensprachkurse nach einem staatlichen Lehrplan richten. Diese Auslegung begegnet keinen europarechtlichen Bedenken. Die Kosten für den Flug sind schon deshalb nicht anzuerkennen, weil es sich hierbei nicht um ein "Entgelt" für die Sprachschule handelt, sondern um sonstige Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch entstanden sind.

Praxistipp:
Gegen das Urteil liegt - allerdings aus anderen Gründen - die Revision beim Bundesfinanzhof vor (Az. VIII R 35/24).

21.06.2025

Versicherte und Rentner: Broschüre "Informationen zum Steuerrecht"

Für Rentner und Pensionäre hat das "Wachstumschancengesetz" Erleichterungen gebracht. Mehrere Änderungen zielen darauf ab, eine Doppel- bzw. Übermaßbesteuerung von Renten und Pensionen zu vermeiden. So steigt der so genannte Besteuerungsanteil für Renten - beginnend mit dem Rentnerjahrgang 2023 - statt um 1 Prozentpunkt nur noch um jährlich einen halben Prozentpunkt. Für den Rentnerjahrgang 2023 beträgt der Besteuerungsanteil also 82,5 Prozent statt 83 Prozent. Für Neurentner, die im Jahre 2024 erstmals Rente bezogen, beträgt der Besteuerungsanteil jetzt 83 Prozent des Rentenbetrages - statt 84 Prozent. Für Neurentner, die im Jahre 2025 erstmals Rente beziehen, beträgt der Besteuerungsanteil jetzt 83,5 Prozent des Rentenbetrages - statt 85 Prozent.

Für Pensionen und bestimmte andere Versorgungsformen wird der Versorgungsfreibetrag gewährt. Dieser wird schrittweise für jeden neu in Ruhestand tretenden Jahrgang vermindert. Ab 2023 wird der Versorgungsfreibetrag langsamer abgeschmolzen als vorgesehen und dafür die Dauer der Abschmelzung bis 2058 verlängert. Und für bestimmte Einkünfte wird nach Vollendung des 64. Lebensjahres der Altersentlastungsbetrag berücksichtigt Ebenso wie der Versorgungsfreibetrag wird auch der Altersentlastungsbetrag schrittweise vermindert. Ab 2023 wird der Altersentlastungsbetrag langsamer abgeschmolzen als vorgesehen und dafür die Dauer von 2040 auf 2058 verlängert.

Viele Arbeitnehmer und Selbstständige, die bald in den Ruhestand treten werden, aber insbesondere auch Bestandsrentner haben nun mitunter einen erhöhten Informationsbedarf zum Thema Steuerrecht. Die Deutsche Rentenversicherung hat daher ihre Broschüre "Versicherte und Rentner: Informationen zum Steuerrecht" überarbeitet. Diese soll Ihnen beispielsweise einen Überblick darüber verschaffen, was unter "nachgelagerter Besteuerung“ zu verstehen ist und wie genau die Besteuerung der Renten funktioniert. Unter folgendem Link ist die Broschüre abrufbar: https://www.deutsche-rentenversiche-rung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/versicherte_und_rentner_info_zum_steuerrecht.html.

19.06.2025

Forschungspreisgeld: Kein Arbeitslohn eines Hochschulprofessors

Im Jahre 2022 hatte das Finanzgericht Münster entschieden, dass ein Forschungspreisgeld, das ein Hochschulprofessor für wissenschaftliche Leistungen in seinem Forschungsbereich erhält, als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen ist (Urteil vom 16.3.2022, 13 K 1398/20 E). Doch der Bundesfinanzhof ist dieser Sichtweise nun in dem zugrunde liegenden Streitfall entgegengetreten (BFH-Urteil vom 21.11.2024, VI R 12/22). Der Kläger veröffentlichte im Rahmen eines Habilitationsvorhabens in den Jahren 2006 bis 2016 insgesamt acht Publikationen zu seinem Forschungsfeld. Aufgrund dieser Arbeiten und einer Probevorlesung erkannte die Universität A dem Kläger im Jahr 2016 die Habilitation zu. Bereits im Jahr 2014 wurde er zum Professor an der Hochschule B berufen, wobei eine Habilitation dort keine Voraussetzung für die Berufung als Professor war. Für seine Habilitation erhielt der Kläger im Streitjahr 2018 einen mit einem Geldbetrag dotierten Forschungspreis. Das Finanzamt versteuerte den Forschungspreis als Arbeitslohn. Hiergegen wandte der Professor ein, dass der Erhalt des Forschungspreises nicht an sein Dienstverhältnis gekoppelt gewesen sei und sich auch nicht als Gegenleistung für seine Arbeit als Professor darstelle, da die Erlangung des Forschungspreises keine Dienstaufgabe sei.

Das FG hatte die Klage abgewiesen, doch der BFH pflichtete dem Professor bei. Begründung: Ein mit einem Preisgeld dotierter Wissenschaftspreis kann nur dann Arbeitslohn darstellen, wenn er dem Arbeitnehmer für Leistungen verliehen wird, die dieser gegenüber seinem Dienstherrn erbracht hat. Das war hier nicht gegeben. Der Wissenschaftspreis stand in keinerlei Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis des Professors. Der preisbewehrten Habilitation liegt zwar eine wissenschaftliche Forschungsleistung zugrunde. Diese gründet aber nicht auf der Forschungstätigkeit des Klägers als Hochschullehrer. Wissenschaftspreis und Preisgeld stellen sich daher nicht als "Frucht“ dieser Tätigkeit dar. Das maßgebende Institut hat mit dem Wissenschaftspreis vielmehr die zuvor erbrachte wissenschaftliche Tätigkeit des Klägers gewürdigt und ausgezeichnet. Das damit zusammenhängende Preisgeld ist dem Kläger mithin nicht als Anerkennung für dessen gegenüber der Hochschule geleisteten Dienste zugewandt worden. Ein hinreichender Veranlassungszusammenhang zwischen der Vereinnahmung des Preisgeldes und der Tätigkeit des Klägers als Hochschulprofessor ergibt sich auch nicht aus der mit der Habilitation verbundenen Steigerung der wissenschaftlichen Reputation und einer damit (möglicherweise) verbundenen Förderlichkeit für die Hochschullehrertätigkeit. Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass das Preisgeld dem Kläger für seine vorherige Tätigkeit zugewandt worden ist. Das Preisgeld war im Streitfall auch nicht als Betriebseinnahme bei den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit anzusetzen oder als Einnahme aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG zu besteuern.

17.06.2025

Umsatzsteuer: Weiterhin keine Steuerpflicht für Schülerfirmen

Bereits seit 2021 unterliegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, die marktrelevante, privatrechtliche Leistungen nach den gleichen Grundsätzen erbringen wie andere Marktteilnehmer, mit ihren Umsätzen eigentlich der Umsatzsteuer. Das heißt: Leistungen, die etwa Schulen unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Unternehmer erbringen, sind prinzipiell umsatzsteuerpflichtig. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung mehrfach verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2026 (§ 2b, § 27 Abs. 22a UStG). Damit mussten viele Einrichtungen, die die Übergangsregelung genutzt haben, üblicherweise keine Umsatzsteuer zahlen. Das Finanzministerium Baden-Württemberg und das Bayerische Landesamt für Steuern haben aktuell verkündet, dass so genannte Schülerfirmen nunmehr gesetzlich von der Umsatzsteuer befreit sind und auch über 2026 hinaus befreit bleiben (Pressemitteilung vom 21.2.2025; Verfügung vom 9.1.2025, S 7107.2.1-37/24 St33). Das Gesagte gilt auch in anderen Bundesländern.

Schülerfirmen haben den Zweck, vertieftes Wissen über wirtschaftliche und unternehmerische Zusammenhänge zu vermitteln. Sie haben also eine pädagogische Zielsetzung. Sofern die Schülerfirma rechtlich unselbstständig, in die Organisationsstruktur der Schule integriert ist und in der im Rahmen von unternehmerischen Schulprojekten ökonomisches Handeln gelehrt wird, greift für die Umsätze seit 1.1.2025 die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG. Diese Umsätze sind dem Schulträger zuzurechnen. Zuvor konnten Schülerfirmen noch von der eingangs erwähnten Übergangsregelung Gebrauch machen, sofern sie grundsätzlich von der Neuregelung des § 2b UStG betroffen waren.

Praxistipp:
Anders verhält es sich bei Schülerfirmen, die selbstständig organisiert sind, zum Beispiel in der Rechtsform einer GbR. Bei solchen selbständigen Schülerfirmen ist die Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen nicht anwendbar. Selbstständige Schülerfirmen können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer in Anspruch nehmen.

15.06.2025

Mietvertrag: Keine Haftung des Erwerbers für Steuerausweis des Voreigentümers

Ein Unternehmer, der in einer Rechnung einen höheren als den gesetzlich geschuldeten Steuerbetrag ausgewiesen hat, schuldet auch den Mehrbetrag für den unrichtigen Steuerausweis. Dies ergibt sich aus § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG. Nun hat der Bundesfinanzhof aber zugunsten eines Immobilienerwerbers entschieden: Hat der Voreigentümer in den Mietverträgen die Umsatzsteuer trotz steuerfreier Vermietung ausgewiesen, so darf dieser unrichtige Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG nicht dem Grundstückserwerber zugerechnet werden (BFH-Urteil vom 5.12.2024, V R 16/22).

Die Klägerin erstand im Jahr 2013 im Rahmen einer Zwangsversteigerung ein Bürogebäude. Die Gebäudeflächen waren größtenteils vermietet. Der Voreigentümer hatte in den Vorjahren in einigen Mietverträgen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen, obwohl er dazu nicht berechtigt war, denn die Mieter (z.B. eine Wohnungsbaugesellschaft) erbrachten nur steuerfreie Umsätze und waren nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Klägerin trat in die Mietverträge ein, behandelte die Umsätze aus den genannten Vermietungen nun als steuerfrei, änderte aber nicht unmittelbar die Mietverträge. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin die in den Mietverträgen offen ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schulde. Die hiergegen gerichtete Klage wurde abgewiesen, doch die Revision war erfolgreich.

Begründung: Werden Mietverträge vom Voreigentümer im eigenen Namen abgeschlossen, und werden in diesen Verträgen die Steuerbeträge unrichtig ausgewiesen, kann dieses Verhalten für die Frage des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG nicht dem Neueigentümer zugerechnet werden. Aus dem zivilrechtlichen Eintritt des Neueigentümers in die Mietverträge des Voreigentümers ergibt sich keine derartige Zurechnung. Jedenfalls kann ein vom Voreigentümer veranlasster unrichtiger Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG dem Grundstückserwerber oder -ersteher nicht nach § 566 Abs. 1 BGB zugerechnet werden. Zwar tritt nach § 57 ZVG i.V.m. § 566 Abs. 1 BGB im Zwangsversteigerungsverfahren der Ersteher anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Der Eintritt des Erwerbers in ein bestehendes Mietverhältnis dient aber lediglich dem Schutz des Mieters. § 566 Abs. 1 BGB ist folglich nicht als Zurechnungsnorm zu verstehen, die einen vom Voreigentümer veranlassten unrichtigen Steuerausweis dem Grundstückserwerber oder -ersteher zurechnet. Es besteht auch keine zivilrechtliche Pflicht des leistenden Unternehmers, eine gesetzlich nicht geschuldete Umsatzsteuer - etwa auf eine steuerfreie Vermietungsleistung - auszuweisen, durch die in Höhe des unrichtigen Steuerausweises eine Steuerschuld in seiner Person nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG entstehen kann. Eine Zurechnung folgt auch nicht aus § 1 Abs. 1a UStG ("Geschäftsveräußerung im Ganzen"). Schließlich kommt auch die Annahme eines Überwachungsverschuldens nicht in Betracht, wenn der Erwerber in den Mietverträgen nicht als Rechnungsaussteller benannt ist.

Praxistipp:
Ungeachtet des positiven BFH-Urteils sollten Mietverträge, bei denen die Umsatzsteuer unzutreffend ausgewiesen wird, soweit zivilrechtlich möglich, bereits unmittelbar nach dem Grundstückserwerb angepasst werden.

13.06.2025

Sachbezüge: War die rückwirkende Gesetzesänderung in 2020 zulässig?

Bestimmte Leistungen, die Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter erbringen, sind steuerfrei. Für einige dieser grundsätzlich steuerfreien Leistungen wiederum ist aber Voraussetzung, dass sie "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" gewährt werden. Zum 1.1.2020 wurde dieses Zusätzlichkeitserfordernis gesetzlich geregelt bzw. verschärft. Die Verschärfung beruhte auf dem Jahressteuergesetz (JStG) 2020, das allerdings erst Ende 2020 verkündet wurde, dennoch rückwirkend seit dem 1.1.2020 gilt. Auch gab es - mit unterschiedlichen Anwendungszeitpunkten - Änderungen bezüglich der Einordnung von Geldkarten und Gutscheinen als Sachbezug - vor allem, um damit dem so genannten Geldkartenmodell den Boden zu entziehen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Einschränkung des so genannten Geldkartenmodells und die rückwirkende Verschärfung des Zusätzlichkeitserfordernisses zulässig waren (Urteil vom 30.8.2024, 3 K 1285/22). Doch ob diese Auffassung korrekt ist, muss der Bundesfinanzhof nun in der bereits vorliegenden Revision entscheiden (Az. VI R 28/24).

Der Sachverhalt: Ein Arbeitgeber stellte seinen Mitarbeitern im Rahmen des Geldkartenmodells seit dem Jahre 2018 Kreditkarten zur Verfügung. Monatlich wurden den Kreditkartenkonten der Mitarbeiter jeweils 44 Euro gutgeschrieben. Dementsprechend wurde nach vertraglich vereinbarter Gehaltsumwandlung der monatliche Bruttoarbeitslohn um 44 Euro reduziert. Der einem Kreditkartenkonto zugeführte Betrag durfte nur für die Bezahlung von Sach- oder Dienstleistungen verwendet werden, eine Barauszahlung durfte nicht erfolgen. Der infolge der Steuerfreiheit reduzierte Lohnsteuerbetrag wurde der betrieblichen Altersvorsorge der Mitarbeiter zugeführt. Diese rechtliche Handhabung entsprach auch einer im Jahre 2019 ergangenen Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 1.8.2019, VI R 32/18). Doch nach der Gesetzesänderung im Jahre 2020 erkannte das Finanzamt das Modell nicht mehr an und forderte vom Arbeitgeber nun (ab April 2020) Lohnsteuer auf den jeweils "umgewandelten" Betrag. Hiergegen wandte sich dieser und machte unter anderem geltend, dass die Gesetzesänderung eine steuerlich unzulässige Rückwirkung entfalten würde. Doch Klage und Einspruch blieben erfolglos. Die neue Regelung zum Zusätzlichkeitserfordernis betreffe im Streitfall zwar bereits abgeschlossene Anmeldungszeiträume der Lohnsteuer. Doch ein Arbeitgeber müsse eine rückwirkende gesetzliche Regelung im Regelungsbereich der Lohnsteuer grundsätzlich hinnehmen.

11.06.2025

Bargeldgeschäfte: Merkblatt zur ordnungsgemäßen Kassenführung

In den vergangenen Jahren sind die Anforderungen an die ordnungsgemäße Kassen(buch)führung zunehmend verschärft worden. Nun hat die Oberfinanzdirektion Karlsruhe ihr Merkblatt mit dem Titel "Informationen zum Thema Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung" (Stand 30.12.2024) überarbeitet. Sie finden dieses unter folgenden Link: https://ofd-bw.fv-bwl.de/,Lde/Startseite/Service/FAQ+-+Steuern (dort unter "Kassenbuchführung"). Die Oberfinanzdirektion stellt zum einen die Grundsätze für den Einsatz elektronischer Registrierkassen dar, weist zum anderen aber auch darauf hin, dass es nach wie vor zulässig ist, so genannte offene Ladenkassen zu verwenden. Eine Pflicht zur Führung einer Registrierkasse besteht nicht.

Praxistipp:
Bei der offenen Ladenkasse sind jedoch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung mit hohem Aufwand verbunden. Daher ist eine solche Kasse in Betrieben mit vielen Bargeldvorgängen nicht empfehlenswert.

Beim Einsatz digitaler Systeme ist darauf zu achten, dass eine komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten ermöglicht wird. Das sind insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten (z.B. Artikelpreisänderungen, Nutzerkennung). Diese Pflicht betrifft im Übrigen nicht nur die Registrierkassen selbst, sondern auch die Vor- und Nebensysteme wie zum Beispiel Waagen mit Registrierkassenfunktion und Taxameter. Diese Systeme unterliegen denselben Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten wie die eigentlichen Buchführungssysteme. Praxistipp:
Wer ein elektronisches Aufzeichnungssystem, insbesondere digitale Registrierkassen, nutzt, muss dem Finanzamt verpflichtend diverse Informationen übermitteln, beispielsweise die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE), die Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems, dessen Seriennummer, das Datum der Anschaffung des Aufzeichnungssystems und gegebenenfalls das Datum von dessen Außerbetriebnahme. Geregelt ist dies in § 146a Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV). Die Mitteilung von vor dem 1. Juli 2025 angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen (im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 KassenSichV) ist bis zum 31. Juli 2025 zu erstatten.

09.06.2025

Gemeinnützige Vereine: Mehr Planungssicherheit bei Rücklagenbildung

Gemeinnützige Vereine dürfen ihre Mittel nur entsprechend ihrer Satzung verwenden. Dies muss grundsätzlich sogar zeitnah geschehen, das heißt, es darf "kein Vermögen angehäuft" werden. Allerdings lässt es das Gesetz, namentlich die Abgabenordnung zu, dass Rücklagen gebildet werden. So lautet § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO: "Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung nachhaltig zu erfüllen." § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO wurde allerdings durch das Jahressteuergesetz 2024 mit Wirkung vom 1.1.2025 neu gefasst. Die Wörter "nach dem Stand der Planung zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung" haben sich zuvor nicht im Gesetz befunden. Das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein führt dazu in einem Erlass jüngeren Datums aus: Die Regelung stellt klar, dass bei der Rücklagenbildung zur Erfüllung der ideellen Zwecke auf die Planung der steuerbegünstigten Körperschaft aus der exante Perspektive abzustellen ist. Damit wird für steuerbegünstigte Körperschaften mehr Rechts- und Planungssicherheit geschaffen, um insbesondere langfristigere und mittelintensive gemeinnützige Vorhaben umsetzen zu können. Bei umfangreichen und regelmäßig sehr langfristigen Investitionsvorhaben, insbesondere im Immobiliensegment, sollen erforderliche nachträgliche Anpassungen in der Planung erlaubt werden (FinMin Schleswig-Holstein, Erlass vom 18.12.2024, VI 314 - S 2720-019).

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